„Erstaunlicherweise werden manche wirklich munter. Die ärgsten Schulverweigerer bemühen sich plötzlich und wollen möglichst schnell zu einem Abschluss kommen, damit sie auch bald unabhängig sind. Das ist manchmal ganz toll zu beobachten, wie lethargische junge Leute, die nur Fernsehen und Computer mögen, plötzlich in der Schule oder einem Lehrberuf aktiv werden. … Wenn sie mit der Partnerin und dem Kind gerne zusammen sind, dann sind sie extrem liebevolle, einfühlsame junge Männer, die ganz schnell erwachsen werden, viel schneller als die Mädchen.“
Diese Aussage von Jutta Liebminger, die Wien mit minderjährigen Vätern gearbeitet hat, verweist auf die möglichen positiven Auswirkungen einer frühzeitigen Einbeziehung und Begleitung junger Männer in die werdende Elternschaft, einer entscheidenden Schnittstelle zwischen Kind- und Erwachsenen-Dasein. Und dies vor allem vor dem Hintergrund, dass werdenden Vätern in dieser Phase bislang wenige Teilhabe- und Zukunftschancen zugeschrieben und sie als zusätzliches Problem betrachtet werden.
Vaterschaft kann als Katalysator zur Verantwortungsübernahme für die eigene und die Zukunft des Kindes wirken und zur Erfahrung der eigenen Selbstwirksamkeit beitragen, wenn junge Männer von Anfang an beteiligt werden, passende Angebote und eine vernetzte Beratungsstruktur vorhanden ist.
Tipps für die Beratung und Begleitung jugendlicher Väter
- Klären Sie die eigene Haltung und Ihren persönlichen Blick auf Vaterschaft! Ein ernst gemeintes, ressourcenorientiertes Interesse am Leben und der Sichtweise des jungen Mannes ist die wichtigste Voraussetzung.
- Wenn sie nur mit der Freundin zu tun haben und er nicht zum ersten Gespräch mitkommt, erklären sie ihr die Vorteile seiner Beteiligung. Bitten sie sie um die Zustimmung, ihn in die Geburtsvorbereitung einzubeziehen.
- Beziehen Sie sie ihn in geschriebener und gesprochener Sprache gezielt mit ein! Fragen Sie ihn nach seiner Meinung zu Fragen der jungen Vaterschaft! Fordern Sie ihn dazu auf, auch eigene Fragen zu stellen. Hören Sie zu und nehmen Sie seine Sichtweise ernst (Perspektivenwechsel)! Nehmen Sie Augenkontakt mit ihm auf.
- Zeigen Sie dem jugendlichen Vater auf, wie wichtig seine Rolle ist. Erklären Sie ihm, dass eine stabile Vater-Kind-Bindung dazu beiträgt, dass sich ein Kind gut und glücklich entwickelt und dass auch er dadurch glücklich wird. Nehmen Sie ihm die Angst vor Fehlern und beruhigen ihn damit, dass alle Väter und Mütter erst ihre eigenen Erfahrungen machen müssen.
- Informieren Sie ihn über Ressourcen und Unterstützungsangebote im Sozialraum bzw. der Region! Laden Sie ihn zu allen geburtsvorbereitenden Angeboten und Kursen einladen, die Sie durchführen. Weisen Sie auf die Familienhebamme, den nächsten Kinderarzt, Beratungsstellen, Kitas hin
- Ermöglichen Sie Kontakt zu anderen frühen Vätern! Diese können sich gegenseitig positiv bestärken und zu einer neuen Peergroup zusammenwachsen, die sich zum Beispiel über soziale Medien wie WhatsApp austauscht.
- Schlagen sie ihm vor, dass er zu den Ultraschallaufnahmen und anderen Untersuchungen und Beratungsgesprächen mitkommt. Weisen Sie ihn auf die Geburtsvorbereitung für Paare hin. Ermöglichen Sie eine finanzielle Unterstützung für seine Teilnahme, falls er nicht genügend Geld hat.
- (Frühe) Väter wollen nicht ‚nur‘ reden. Bieten Sie praktische Hilfen an: Hilfe bei Bewerbungsschreiben, Wohnungs- und Jobsuche, Ämtergängen, Umzug, Anschaffung der Erstausstattung. Optimal wären Trainingswohnungen, eine stärkere Einbeziehung in Mutter-Kind-Einrichtungen und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung.
- Weisen Sie das Paar auf das gemeinsame Sorgerecht hin, und welche Bedeutung dies hat. Klären Sie die rechtlichen Voraussetzungen dafür, auch in Bezug auf die Großeltern.
- Last but not least: Im Vergleich zu den Fortschritten, die ein Kind im gleichen Zeitraum (Krabbeln, Laufen, Sprechen) macht, fühlt sich die Dauer zum Beispiel eines Bildungsabschlusses unendlich lang an. Hier gilt es, Mut zu machen und Geduld zu vermitteln. Der wichtigste Satz lautet: „Sie schaffen das!“