Was ist aus dem Innovationsprojekt geworden?
In dem Innovationsprojekt haben die Landesarbeitsgemeinschaften der Familienbildung NRW Strukturen und Konzepte entwickelt, die sich thematisch mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen beschäftigen, die für das Leben in der Familie, insbesondere das Zusammenleben mit Kindern von Bedeutung sind.
Ziel der Innovationsprojekte ist es, Expertise in den Familienbildungsstätten des Landes NRW weiter zu entwickeln. Kompetenzen von pädagogischen Mitarbeitenden und Familien werden gestärkt, Wissen vertieft, neue Handlungsspielräume sowie Dialogmöglichkeiten eröffnet. Die Projekte sind Bestandteil des mit dem Familienministerium NRW vereinbarten Wirksamkeitsdialoges und tragen zur fachlichen Qualität der Angebote bei.
Soweit der formulierte Anspruch. 2010, vier Jahre nach Einführung der neuen Elternzeit und der Partnermonate, ging es um die Zielgruppe Väter, die von der Familienbildung noch nicht hinreichend erreicht und einbezogen werden konnten. „Männer sind in den Kursen der Familienbildung immer noch deutlich in der Unterzahl. Und das, obwohl sie heute eine aktive Vaterrolle anstreben und der unanfechtbare Patriarch schon lange nicht mehr gefragt ist.“ Formulierte die damalige Familienministerin Ute Schäfer im Vorwort-
Das Projekt sollte Antworten insbesondere auf folgende Fragen geben:
- Warum spiegelt sich der gesellschaftliche Rollenwandel der Väter nicht in deren Teilnahme an Familienbildung wider?
- Was können die Bildungsstätten unternehmen, um mehr Männer für ihre Angebote zu interessieren?
In einem Handbuch wurden Antworten gesucht und Anregungen formuliert. Zu den (finanziellen) Rahmenbedingungen ist dort zu lesen: Man sieht nur Aussichten auf Erfolg, wenn qualifizierte männliche Kursleiter vorhanden sind.“ … aber „Die Akquise von mehr männlichen Dozenten ist aufgrund der relativ geringen finanziellen Ressourcen nur bedingt möglich. Entsprechend ist die wichtigste Forderung an die Landesregierung, die in der Befragung geäußert wurde, die Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Einrichtungen. Dies gilt gerade dann, wenn bildungsungewohnte Personen stärker in den Fokus genommen werden sollen.“
Was die praktischen Hinweise und Anregungen angeht, ist das Handbuch auch heute noch ‚State of the Art‘. Die aufgeführten Beispiele wie der Papa Laden in Berlin sind auch heute noch ‚Leuchttürme‘ in der Väterarbeit und die ‚Acht Stichworte zur Väterbildung‘ weiterhin uneingeschränkt gültig.
„‘Väter wollen nicht belehrt werden.‘ Dieser Spruch scheint charakteristisch zu sein für das Verhältnis von Vätern zu jedweden Angeboten, die darauf abzielen, Kompetenzen und Rollenteile, die Väter für sich selbst durchaus akzeptiert und angenommen haben, im Sinne von Belehrung oder Optimierung zu thematisieren.“
Vor dem Hintergrund dieser Analyse und den passenden Rückschlüssen wäre also zu erwarten gewesen, dass Väter 10 Jahre später einen anderen Stellenwert in der Familienbildung haben.
Die von der Landesregierung in Auftrag gegebene ‚Evaluation der familienpolitischen Leistungen‘ zeichnet aber ein anderes Bild:
„Beim differenzierten Blick auf die Einrichtungsarten wird deutlich, dass Väter am häufigsten Angebote in Beratungseinrichtungen in Anspruch nahmen, am seltensten in Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung. Gerade mit Blick auf die Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich der Anteil der männlichen Teil-nehmer im Verhältnis zur Bestandsaufnahme von 2006 kaum verändert hat. Werden die methodischen Unterschiede der damaligen Untersuchung und der vorliegenden Studie außer Acht gelassen, zeigt sich, dass der Anteil der männlichen Teilnehmer im Bereich Familienbildung auf dem niedrigen Niveau von 16 bis 17 Prozent verharrt.“
In dem Abschnitt ‚Gute Praxis der Familienbildung‘ werden fünf Einrichtungen genauer in den Blick genommen. Zu der gemeinsamen Wahrnehmung der Zielgruppe Väter ist folgende Einschätzung zu lesen: „Ansonsten wird mehrheitlich beschrieben, dass sich Väter nicht durch die klassischen auf Reflexivität und Dialog angelegten Kursgruppen angesprochen fühlen und entweder Outdoor-Aktivitäten oder etwas Technisches bzw. Handwerkliches bräuchten. Zudem wird die Teilnahme von Vätern überwiegend abends oder an Wochenenden verzeichnet.
Diese Wahrnehmung entspricht den Ergebnissen der beiden Erhebungen zur Väterarbeit in NRW aus den Jahren 2003 und 2014 sowie dem Innovationsprojekt ‚Väter in der Familienbildung‘. Wenn im quantitativen Teil der Evaluation also berichtet wird, dass die Angebote von Vätern kaum wahrgenommen werden, sind die Erkenntnisse offensichtlich nicht in die Praxis umgesetzt worden, oder es besteht, wie den Vätern lange nachgesagt eine ‚verbale Aufgeschlossenheit, aber eine weitgehende Verhaltensstarre‘.