… lautet der Titel des #Vaeter Buchs von Benjamin Wockenfuß, dass an diesem Freitag erscheint. Grafisch ist es ein Hingucker und auf den zweiten Blick fällt auf, dass es eigentlich mindestens zwei Bücher sind. Am einen Ende ist ein in sieben Kapitel gegliederter ‚Wissens-Input‘ wie es der Autor nennt, am anderen Ende ist eine wunderbare ‚Power-Papa & Kreativ-Kid Geschichte, die von Stefanie Messing bebildert ist. In der Mitte des Buches ein analoges Planungstool für die ersten 22 Tage #TollerPapa.
Man kann das Buch aber auch einfach umdrehen und dann ergibt sich eine andere Reihenfolge und eine andere Perspektive. Das gibt den Anspruch und die Haltung von Ben, so tritt der Autor den Lesern und Leserinnen gegenüber, ganz gut wieder. Sein Buch soll kein Fachbuch sein und die fachlichen Erfahrungen die er weitergibt sind seine Erkenntnisse, seine Wahrheit und seine Gefühle.
Das besondere an dem Buch ist, dass es nicht nur an verschiedenen Stellen an fachlich fundierte Texte verweist, die per QR-Code leicht zu erreichen sind, sondern auch in den sozialen Medien über den im Titel formulierten Hashtag eine Community für #Vaeter eröffnet und diese zum aktiven Austausch ihrer Erfahrungen einlädt.
Die im Untertitel vorsichtig formulierte These ‚Erziehung ist (auch) Männersache‘ bildet, versehen mit einem Ausrufezeichen und dem Zusatz ‚… Echt?‘ ist auch die Überschrift zum Kapitel 1. Der Autor positioniert sich hier aber eindeutig: ‚Jeder Mann kann Erziehung!‘ „Ein Vater ist mehr als nur ein Assistent der Mutter. Er hat eigene/ andere Fähigkeiten, die Kinder dringend brauchen.“
So ist es, aber so einfach ist es leider nicht. Lernen tut Mensch dass, was er tut und es gibt weder die geborene Mutter noch den geborenen Vater. Das was einen tollen Papa, einen (hinreichend) guten Vater ausmacht wird gelernt indem ich es mache und von anderen abgucke. Das was Mann macht oder besser lässt hängt vielfach von gesellschaftlichen und eigenen Erwartungen und gegenseitigen Rollenzuschreibungen ab. Wockenfuß führt noch weitere Faktoren an, die den Lernprozess und eine gelingende Erziehungsgestaltung beeinflussen: Aktives Mitfühlen, Verantwortung annehmen und aushalten und trotz Uneinigkeit ein Elternteam bleiben.
Zu allen drei Punkten bietet er dann praktische Tools an, die dazu anleiten, sich mit seinen eigenen Positionen und Haltungen auseinanderzusetzen und diese auch zu visualisieren. Am Ende dieses und jedem der folgenden 6 Kapitel gibt es ein ‚Fazit to Go‘ einen Einseiter, auf dem die wichtigsten Aussagen noch einem kurz und grafisch ansprechend zusammengefasst werden.
Die einzelnen Abschnitte sind jeweils in sich abgeschlossen und das Buch kann kreuz und quer gelesen und bearbeitet werden. Dazu fordert der Autor auch explizit auf, es sei ein Arbeitsbuch und das Notieren von Gedanken und die Verschriftlichung von Routinen erleichtere den Blick auf das Wesentliche. Dazu bietet Wockenfuß an vielen Stellen neben den im Buch skizzierten analogen auch digitale Werkzeuge an und stellt deren Vorzüge heraus. Das macht er auch in Bezug auf die digitalen Medienzugänge für Kinder: „Durch digitale Medien, wie etwas Spiele-Apps, haben Kinder die Chance, kreative Gestalter:innen statt lineare Konsument:innen zu sein. Ein großer Schatz!“
Die im Kapitel 4 dargestellte ‚Einfachheit im Vatersein‘ und dem Plädoyer für Langeweile aus der Kreativität erwächst getreu der Gleichung ‚Weniger ist Mehr‘ erinnert mich an eine zentrale Aussage aus dem 2015 erschienen Buch ‚Geht Alles gar nicht Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können‘ von Marc Brost und Heinrich Wefing:
„ … Auch früher gab es Erwartungen an Väter …, aber sie waren klarer und eindeutiger, weil es auch klare und eindeutige Rollen gab. Heute dagegen gibt es unendlich viele Erwartungen, weil es unendlich viele Möglichkeiten gibt, … ein guter Vater zu sein, und deswegen scheint es das Beste zu sein, einfach alle Erwartungen zu erfüllen.“
Benjamin Wockenfuß zeigt einen ‚einfachen‘ Weg auf, mit diesen Erwartungen und Möglichkeiten umzugehen. Nicht nur zu Hause mit der Familie, sondern auch im Beruf. Er schlägt hier einen neues Verständnis dafür vor, wie Arbeitswelt und Vatersein zusammengehen können. „Welche Position in meinem Selbstbild übernimmt meine Arbeit eigentlich? Wie sinnstiftend ist sie für mich?“ Die praktischen Vorschläge an dieser Stelle sind meiner Auffassung nach eher auf Väter mit gut abgesicherten Jobs zugeschnitten. Diejenigen die zwei oder drei prekäre Jobs zur Absicherung des Lebensunterhalts haben, stellen sich die Frage „Brauche ich wirklich eine Vollzeitstelle“ wohl nicht.
Eine gute Zusammenfassung formuliert der als Experte in Kapitel 6 zitierte Organisationsberater Hendrik Epe: [es] … wird deutlich, dass ich (m)eine Rolle als Vater … darin sehe, Ambiguitätstoleranz vorzuleben. Es gibt nicht den einen, richtigen Weg in der Erziehung der Kinder, ebenso wenig wie es die eine, richtige Art und Weise der Gestaltung der Arbeitswelt der Zukunft gibt.
#TollerPapa liefert jede Menge Anregungen für Väter, diese ambivalenten Möglichkeiten zu entdecken, eigene Positionen zu bilden und sich gemeinsam mit den Kindern weiter zu entwickeln und der Papa zu sein, den man selber als Kind gebraucht hätte. Das Wendebuch zum Preis von 18 € ist eine tolle Investition sowohl für werdende als auch schon vor langer Zeit gewordene Väter.