Am 1. September wurden bei einem Fachkongress in der Lichtburg in Essen die Ergebnisse der Evaluation der familienpolitischen Leistungen des Landes NRW offiziell vorgestellt.
Am Nachmittag wurden die damit verbundenen Herausforderungen in zehn Zukunftswerkstätten diskutiert. In der Zukunftswerkstatt 3 bearbeitete das Vorstandsmitglied der LAG-Väterarbeit Jürgen Haas gemeinsam mit Frau Prof*in Dr. Sabine Walper vom Deutsches Jugendinstitut in München das Thema ‚Angebotsstrukturen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungsprozesse‘
Im Rahmen der Evaluation ist deutlich geworden, dass Familienbildung und -beratung darin gefordert sind, Familien auch unter den sich verändernden Rahmenbedingungen Unterstützung zu bieten und ihre Angebotsstrukturen an den Wandel anzupassen. Dies betrifft insbesondere die zeitliche und räumliche Ausrichtung der Angebote aber auch den zunehmenden Wunsch nach partnerschaftlicher Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit. Auch die stärkere Ansprache von Vätern bietet vielversprechende Ansätze.
Dazu erklärte Jürgen Haas in seinem kurzen Impuls:
„Wir haben als kirchliches Institut vor einigen Jahren eine Vater-Kind-Agentur gegründet, die auf Grundlage der Familienbildung gezielte Veranstaltungen für Väter anbietet.
Eine Besonderheit unserer Einrichtung ist es sicherlich, dass wir mit unseren Veranstaltungen zu 93% Männer erreichen. Der größte Teil unserer männlichen Teilnehmer (88 %) sind Väter im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. Wir erreichen diese Väter durch eine gute und enge Zusammenarbeit mit Kindertageseinrichtungen und Familienzentren.
Die aktuelle Studie von Prognos weist darauf hin, dass die Relevanz von Väterarbeit in der Familienbildung zugenommen hat. Das ist aus meiner Sicht eine sehr erfreuliche Entwicklung. Diese Tendenz ist bereits vor 10 Jahren von der LAG Familienbildung in dem Handbuch „Väter im Blickpunkt der Familienbildung“ thematisiert worden.
Schon damals wurde auf die Orientierungsbedarfe von Vätern im Familienzyklus hingewiesen und es wurde die Fragen gestellt, welche Unterstützung Väter in ihrer Vielfalt brauchen und welchen Beitrag Familienbildung in diesem Zusammenhang leisten kann.
Die aktuelle Prognos Evaluation zeigt, dass diese Fragen nach wie vor auf der Agenda sind und eine große Bedeutung haben. Heute gibt es deutlich mehr Angebote für Väter – und es gibt mehr Angebote für Väter mit Kindern – aber, ich glaube da ist noch viel Potential nach oben. Schaut man sich nämlich die Gesamtzahlen der Teilnehmenden in der Familienbildung an so ist feststellbar, dass Männer und somit auch Väter deutlich unterrepräsentiert sind: ca. 84 % Frauen zu 16 % Männer.
Aber auch digitale Formate für Väter, so zeigen die Erfahrungen mit Corona, haben einen Interessentenkreis und können eine gute Möglichkeit sein, Väter in Kontakt zu bringen. Von daher ist es auch ausgesprochen gut, dass bei der anstehenden Novellierung des Weiterbildungsgesetzes diese Angebote Berücksichtigung finden sollen und folgerichtig auch abrechenbar sind.
Auf einen Aspekt würde ich aber noch gerne hinweisen. Bereits 2011 hat die LAG Familienbildung darauf verwiesen, dass in der Familienbildung, bei den neben- oder freiberuflichen Honorarkräften aber auch bei den fest angestellten pädagogischen Fachkräften – Männer deutlich unterrepräsentiert sind.
Um mehr Angebote für Männer und Väter in die Familienbildung zu bringen war eine Blickrichtung deren Stellenanteil zu erhöhen. Dahinter steckte die Hypothese, dass durch mehr Männer im Bereich der Familienbildung auch die Zahl der Angebote für Väter steigen würde.
Mit Blick in die aktuelle Prognos Studie wird sichtbar, dass 74% der Leitungen, 89 % des pädagogischen Personals und 86% der Neben- und freiberuflichen tätigen Honorarkräfte, weiblich besetzt sind. Möglicherweise ist der Männeranteil an von mir genannten Positionen gestiegen, aber es bleibt nach wie vor ein großes Ungleichgewicht beim Einsatz der Geschlechter.
Ich würde mir wünschen, dass an dieser Stelle über neue Perspektiven nachgedacht wird um mehr Männer als pädagogischen Fachkräfte oder als neben- und freiberufliche tätige Honorarkräfte zu gewinnen.
Auf einen Ansatz, den Männeranteil zu erhöhen hat Prognos ja auch hingewiesen, und auf die wenig attraktive Finanzierung der Honorartätigkeiten verwiesen. Ein Argument welches übrigens auch auf weibliche Honorarkräfte zutrifft.
Ich finde, man sollte darüber hinaus schauen, welche weiteren Faktoren eine Tätigkeit im Feld der Familienbildung attraktiver machen können und ich bin sicher, dass diese Diskussion beiden Geschlechtern zu Gute kommt.
Im Resümee der Evaluation von Prognos wird sehr eindeutig festgehalten, dass ‚Väter als Zielgruppe in allen drei Bereichen – vor allem aber in der Familienbildung eine neue Bedeutung bekommen‘.“